Gaby Sanejstra ist erst 34 Jahre alt und trotzdem schon fast 14 Jahre im Geschäft. Sie kennt noch die – wie sie sagt - langweiligen Jahre vor dem einsetzenden Pokerboom 2005 und hat auch danach so ziemlich alles erlebt, was man in diesem Beruf erreichen kann.
Sie war Dealerin am Final Table des EPT Grand Finals von Monte Carlo 2008, sie ist seit 2006 DIE Dealerin der ersten Stunde bei Stefan Raabs TV Total Pokernacht und seit 2009 der German High Roller, sie leitet mittlerweile das Concord-Casino in Bratislava und hält ihre eigenen Dealer-Kurse ab.
Dabei hat sie das Handwerk des Poker-Dealers von der Pieke auf gelernt. Und das heißt: ein guter Poker-Dealer wird man nur durch unermüdliches Training. Mit 20 stand sie noch hinter der Rezeption eines Hotels in ihrer Heimat Bratislava.
Dort lernte sie Dealer des Concord-Casinos kennen, die sie in ihrem Wunsch Croupier zu werden, unterstützten und ihr rieten dafür unbedingt nach Wien zu gehen. Vor allem, weil die hoch aufgeschossene Blondine schon ausgezeichnet deutsch und englisch sprach.
Das war die Kontaktaufnahme mit dem Metier. Was dann in der Karriere eines Pokerdealers folgt, ist der Dealerkurs. Und dafür gab es um die Jahrtausendwende in Wien keinen Besseren als den von Martin Pollak von der Pokerworld.
„Der Kurs hat zehn Wochen gedauert“ erinnert sich Gaby an ihre Lehrzeit. „Schon damals hab ich gemerkt, dass ich ziemlich gut darin bin.“ Denn in einem Dealerkurs trennt sich schnell die Spreu vom Weizen.
Die Ausbilder geben ein Ranking ab, nachdem die Potenziale des frisch gebackenen Dealers eingeschätzt werden. Gaby Sanejstra war in den Top 3 von 30.
Dabei wird jeder, der den Beruf eines Poker-Dealers ausüben will automatisch mit seinen Grenzen konfrontiert. Denn wichtig sind, so Gaby Sanejstra vor allem vier Dinge: Erstens, sich lange Zeit auf einen immer wiederkehrenden Ablauf zu konzentriere, ohne dabei abzuschalten.
Das zweite ist die innere Ausgeglichenheit, mit der der Dealer auf ständig auftretende Unregelmäßigkeiten, Regelverletzungen und eigene Fehler reagiert.
Nummer drei ist das schnelle Kalkulieren und Kopfrechnen. Gaby Sanejstras Schokoladendisziplin. „Ich war als Mädchen auf einer Mathematik-Spezialschule und habe als Dealerin mal das sehr schöne Kompliment erhalten, dass ich den Pot schneller ausrechnen könne, als der elektronische Kalkulator.“
Die vierte und letzte Fähigkeit, so die Wahl-Wienerin, „kann eigentlich nicht erlernt werden. Dabei geht es um die Fingerfertigkeiten, das Talent der Auge-Hand-Koordination. Wer da keine Veranlagung hat, wird nie ein wirklich guter Dealer sein können.“
Und natürlich muss ein Dealer unbestechlich sein. „Mich fragen die Leute immer mal wieder, ob ich ihnen ein paar Kartentricks zeigen kann“, so Gaby. „Dann sage ich immer, wenn ihr Zauberkunststücke sehn wollt, dann müsst ihr in den Zirkus gehen.“
Sie selbst könne ein Deck nicht professionell manipulieren, weiß aber natürlich darum, welche Griffe man auf jeden Fall zu unterlassen hat, damit erst gar nicht der Verdacht des Betruges aufkommt.
Viel mehr als der Manipulator ist der Psychologe im Dealer gefordert. Gaby Sanejstra illustriert das an einem guten Beispiel:
„Oftmals kommt es einfach darauf an, nicht zu viel und nicht zu wenig zu sagen. Nehmen wir an, ein Spieler ist genervt, weil er alles in einer Hand verliert. Dann ist es besser mit der Frage bis zum letzten Moment zu warten, ob er weiterspielt und noch mal Geld investiert.
Ich mische dann immer das Kartendeck fertig, fordere die Blinds und erst dann frage ich. Gleich nach dem Verlust kann die Nachfrage sehr unpassend und provokativ für den Verlierer wirken.“
Trotz ihrer exponierten Stellung am Pokertisch ziehen es viele Dealer vor, nicht ins Rampenlicht zu rücken. Für Gaby Sanejstra war das allerdings genau das, was ihr die „größte Erfahrung meiner späteren Karriere“ ermöglichte.
2005 gab es im Concord-Casino den ersten TV-Tisch, und Gaby meldete sich als Einzige freiwillig. „Dadurch hatte ich die Selbstsicherheit, die notwendig war das TV-Total Dealer-Online Casting zu gewinnen.“
Überhaupt ist sie überzeugt, dass sie durch die Nähe zum Concord eine Elite-Ausbildung genossen hat:
„Die Dealer, die mit dem PokerStars-Tross von EPT-Station zu EPT-Station ziehen, sind sicherlich die Besten, die es in Europa gibt. Und die Meisten von denen sind im Concord in Wien ausgebildet worden, wo extrem viel Wert auf die Details dieses Berufs gelegt wird.“
Dabei will auch Gaby Sanejstra nicht verleugnen, dass es ein Vorteil ist, wenn man erstens eine Frau und zweitens dazu auch noch attraktiv ist. „In Wien gibt es viele personalisierte Dealersessel, was bedeutet, dass dort der Dealer sein Trinkgeld behalten kann. Und ich muss schon sagen, dass ich immer recht üppige Trinkgelder hatte.“
Mittlerweile wird Gaby Sanejstra sogar für hohe Tageshonorare als Privatdealerin gebucht. Auf Messen, Betriebsfeiern oder Tagungen ist sie dann ohne Floorman oder Poker-Manager allein für den reibungslosen Ablauf der Pokerpartien zuständig.
Ein interessantes Thema mit dem sie dabei immer wieder konfrontiert wird, ist die Frage, wie man als Dealer am Besten mit den Aggressionen umgeht. Für die Slowakin gibt es allerdings dafür kein Handbuch.
„Man kann das nur so sehen, dass man auf Arbeit ist und versucht ein bisschen Haltung zu bewahren und wenn du deinen Dienst beendet hast, musst du lernen diese Maske wieder abzusetzen.“
Dabei sei die Zeit der ganz brutalen Ausfälle allerdings vorbei. „Mittlerweile haben die Spieler einfach begriffen, dass nicht die falsche Rivercard das gute Spiel zerstört, sondern der Spieler selbst, der es erst dazu kommen lässt.“
Coole Pokerjobs - die Serie
Teil 1 - die Masseurin
Teil 2 - Dealer/in
Teil 3 - Coach
Teil 4 - Blogger
Teil 5 - Ernährungsberater
Teil 6 - Pokerroom-Manager
Teil 7 - Journalist
Teil 8 - TV-Moderator
Teil 9 - Pokeragent
Teil 10 - Floorman
Teil 11 - Consultant
Teil 12 - Fotograf
Teil 13 - Turnierleiter
Teil 14 - Video-Presenter
Teil 15 - Livestream-Kommentator