Der auffälligste Spieler des diesjährigen WSOP Main Event war zweifellos der Brite William Kassouf, der mit seiner redseligen Art keineswegs zum ersten Mal für großes Aufsehen sorgte. Nicht alle Pokerfans mögen Kassoufs „Speech Plays“, aber man kann dem Briten nicht absprechen, dass er sich einen ziemlich beherzten und mutigen Stil zu Eigen gemacht hat. Ein Beispiel präsentieren wir hier in der Hand der Woche.
Ausgangslage und Spiel bis zum River
Noch 57 Spieler sind beim WSOP Main Event 2016 dabei, und der nächste, nicht unerhebliche Preisgeldsprung von knapp $117.000 auf über $142.000 steht bei Platz 54 an.
Der durchschnittliche Stack liegt bei 5,9 Millionen, die Blinds betragen 50.000/100.000 plus 15.000 Ante. In erster Position bekommt Ka Kwan Lau, ein asiatischer Profi mit einem Stack von rund 8 Millionen
und raist damit auf 225.000.
Direkt hinter ihm reraist Will Kassouf (Stack: fast 10 Millionen) auf 535.000, worauf der israelische Shortstack Adi Abugazal mit einem Paar Buben ins Grübeln kommt und schließlich foldet. Einige Hände später scheidet er als 54. aus und gewinnt $142.000.
Alle anderen Spieler folden schnell, worauf wieder Lau an der Reihe ist. Der Mann aus Hongkong callt, womit 1,355 Millionen Chips im Pott sind.
Der Flop bringt
Lau checkt, Kassouf setzt 550.000, Lau callt. Im Pott sind 2,455 Millionen, der effektive Stack beträgt knapp 7 Millionen.
Der Turn bringt die
Lau checkt wieder, Kassouf checkt ebenfalls. Im Pott sind weiter 2,455 Millionen, der effektive Stack beträgt knapp 7 Millionen.
Der River bringt die
Lau checkt, Kassouf setzt 1,25 Millionen und Lau foldet nach längerem Nachdenken. Im Pott sind 3,705 Millionen, die an Kassouf gehen.
Der Brite hatte mit
und wegen seines entwerteten Paares mit Neun hoch geblufft. Hier die Hand noch einmal in bewegten Bildern:
Analyse und Bewertung
Wie in einer Hand zuvor gegen Stacy Matuson hatte Will Kassouf Neun hoch und gewann damit einen großen Pott, doch wollen wir das gesamte Geschehen samt seinem Bluff noch einmal genauer unter die Lupe nehmen.
Vor dem Flop bringt Ka Kwan Lau mit AK in erster Position einen normalen Standard-Raise. Kassouf entscheidet sich darauf, den Chinesen mit einem Reraise mit 99 direkt anzugreifen.
Dieser Spielzug hat Vor-, aber auch Nachteile. Zunächst verhindert der Brite mit seinem mittleren Paar ein Squeeze Play eines Spielers in später Position, was bei einem Call durchaus möglich wäre, andererseits ist seine Hand aber auch nicht so stark, dass nicht noch jemand hinter ihm mit einem besseren Blatt aufwachen könnte.
Ein weiterer Nachteil ist, dass Kassouf so mit einer mittelmäßigen Hand ohne ernsthaftes Verbesserungspotential einen großen Pott gegen einen anderen Big Stack aufbaut.
Ein zweiter Vorteil zeigt sich sogleich: Der Israeli Abugazal foldet dahinter ein Paar Buben, weil ihm die Action nicht geheuer ist, womit Kassouf zum einen eine bessere Hand zum Folden gebracht hat und gleichzeitig für den Rest der Hand Position hat.
Kleine Randnotiz: Abugazal muss hier von starken Spektren ausgehen, hätte hier aber definitiv seine Chance suchen sollen.
Gefährlicher Flop
Lau entscheidet sich mit AK, nur zu callen und den Pott gegen ein sehr starkes Spektrum eher klein zu halten. Dagegen ist nichts einzuwenden, da AK für einen Fold zu stark ist, allerdings muss er nun die gesamte Hand ohne Position spielen.
Der Flop mit Q♦ T♠ T♣ hat die Spektren beider Spieler recht gut getroffen, da diese viele hohe Karten enthalten. Kassouf gefällt der Flop mit seiner konkreten Hand natürlich nicht besonders, aber er bringt dennoch eine C-Bet.
Mit ihr kann er zwar keine bessere Hand zum Folden bekommen, aber sich wirksam gegen einen Bluff auf dem Turn schützen, weil er die Initiative behält.
Nach zwei Checks könnte Lau dagegen durchaus auf die Idee kommen, den Pott mit einer Bet auf dem Turn anzugreifen und eine starke Hand zu repräsentieren.
Nach Kassoufs Bet wäre es kein großer Fehler, wenn Lau seine Hand aufgibt, aber er hat zwei Overcards und einen Gutshot, die ihm gegen viele Hände noch genug Pot Equity einbringen, um einen Call mit Pot Odds von fast 4 zu 1 zu rechtfertigen.
Ideale Ausgangslage für einen Bluff auf dem River
Der Turn bringt mit der Acht eine fast sicher unbedeutende Karte, und als Kassouf nach Laus logischem Check ebenfalls checkt, begrenzt er damit sein Spektrum und verrät seinem Gegner, dass er fast sicher keine Zehn hat.
Das ist zwar eine wertvolle Information, aber insgesamt ist Kassoufs Spektrum aus Laus Sicht immer noch sehr stark, und daran ändert auch die zweite Dame auf dem River nichts.
Angesichts der heftigen Action vor dem Flop lässt sich Kassoufs Spektrum recht gut eingrenzen: Es besteht aus AA, KK, AK, AQ, JJ, sehr unwahrscheinlichen und slow gespielten TT, vielleicht 99 sowie in diesem Fall sehr unwahrscheinlichen Bluffs.
Lau kann gegen dieses starke Spektrum daher nicht mehr machen, als mit seinem Ass hoch zu checken und auf einen geteilten Pott zu hoffen.
Als Lau checkt, weiß Kassouf, dass sein Gegner fast sicher keine Dame hat, denn damit hätte er vermutlich gesetzt und hohe Paare und vielleicht sogar Ass hoch zur Kasse gebeten.
Diese Info und sein sehr starkes Spektrum bieten Kassouf mit seiner Neun-Hoch-Hand eine ideale Ausgangslage für einen Bluff, mit dem er eine durchaus glaubhafte Geschichte zu Ende erzählen kann.
Laus größtes Problem ist an dieser Stelle ist, dass er kaum mehr als eine Hand schlägt, gegen einige den Pott teilt und den Rest verliert, insofern ist sein Fold trotz guter Pot Odds von 3 zu 1 nicht zu tadeln.
Fazit
Eine spannende Hand, in der William Kassouf von Anfang bis Ende ein starkes Spektrum hat und diesen Umstand auf dem River mit einem gut getimten Bluff ausnutzen kann.
Ka Kwan Lau hätte hier schon einen extrem riskanten Hero-Call machen müssen, um Kassoufs Bluff zu entlarven – schließlich war aus seiner Sicht eigentlich klar, dass er den Pott maximal teilen würde.