Verrückt geht es dieses Mal in unserer Hand der Woche zu. In einem großen Pot nimmt es Tom Dwan gleich mit mehreren Gegnern auf und schafft es tatsächlich, zwei extrem starke Hände zum Folden zu bekommen und einen Pot mit über $237.000 einzustreichen. Wie er es das anstellte und warum das funktionierte, lösen wir in dieser Hand der Woche auf!
Ausgangslage und Spiel bis zum Ende
Wir verfolgen eine Hand aus der legendären TV-Sendung High Stakes Poker, die bis 2011 im amerikanischen Fernsehen lief und die besten Cashgame-Spieler der Welt versammelte. Am Tisch sitzen acht Spieler, die Blinds betragen $400/$800 plus $200 Ante, der Pot zu Beginn der Hand beträgt damit $2.800.
In erster Position bekommt Barry Greenstein
und raist damit auf $2.500. Hinter ihm callt Tom Dwan mit
worauf tatsächlich alle anderen sechs Spieler ebenfalls callen! Eine zwar seltene, für eine Live-Partie aber gar nicht so außergewöhnliche Setzfolge. Hier die Hände der einzelnen Spieler:
David Benyamine hält 3♥ 3♣, Eli Elezra hält J♦ 9♠, Ilari Sahamies hält 7♥ 6♠, Daniel Negreanu hält auf dem Button K♦ 4♦, Peter Eastgate hält im Small Blind
und im Big Blind hält Doyle Brunson A♠ 9♣. Im Pot sind $21.600.
Der Flop bringt
Eastgate checkt, Brunson checkt, Greenstein setzt $10.000, Dwan raist auf $37.300, Benyamine, Elezra, Sahamies und Negreanu folden, Eastgate callt und Greenstein callt, Brunson foldet. Im Pot sind $133.200 Dollar, die effektiven Stacks betragen mehr als doppelt so viel.
Der Turn bringt die
Eastgate checkt, Greenstein checkt, Dwan setzt $104.200. Im Pot sind $237.400, nach langem Nachdenken foldet Eastgate und wenig später auch Greenstein. Der Pot mit $237.400 geht an Dwan.
Hier könnt ihr euch die Hand noch einmal in bewegten Bildern anschauen:
Analyse und Bewertung
In einer unübersichtlichen Situation entwickelt Tom Dwan eine außerordentliche Idee und hat mit der schlechtesten Hand Erfolg. Schauen wir uns genauer an, was in dieser Hand passierte.
Zunächst bekommt Barry Greenstein in erster Position Asse und erlebt mit ihnen das schlimmste Szenario überhaupt. Seinen Raise callen unter allgemeiner Erheiterung alle sieben anderen Spieler am Tisch. Wie man im Poker-Volksmund so schön sagt, geht die Scheiße auf Reise, nachdem Tom Dwan mit Q♣ T♣ und David Benyamine mit 3♥ 3♣ sehr loose Calls machen. Für die folgenden Spieler sind die Pot Odds so günstig, dass ein Call selbst mit beliebigen Karten annähernd Pflicht wäre.
Mit sieben Gegnern ist die Lage für Greensteins Asse sehr unübersichtlich geworden. Mit seiner Hand möchte man am liebsten gegen einen oder zwei Gegner antreten, aber nicht mehr. Entsprechend schwierig ist es für ihn, die Stärke seiner Hand – die sich ja kaum noch verbessern kann – in den folgenden Setzrunden korrekt einzuschätzen.
Der Flop ist zunächst sehr günstig für ihn. Das Board mit T♦ 2♣ 2♠ ist sehr trocken, und es schlagen ihn nur ein Paar Zehnen und eine Zwei, allerdings ist vor allem die letzte Möglichkeit bei so vielen Gegnern ziemlich wahrscheinlich. Mit seiner recht kleinen Bet von $10.000 versucht Greenstein das Feld auszudünnen und weitere Informationen zu bekommen.
Tom Dwan, der direkt hinter Greenstein sitzt, fasst nun einen genauso unglaublichen wie perfiden Plan. Mit seiner Zehn hat er Top Pair getroffen, doch spielt dies angesichts der sechs Gegner hinter ihm nur eine untergeordnete Rolle. Angesichts der Bet von Greenstein in sieben Leute muss Dwan davon ausgehen, dass seine Hand vermutlich schwächer ist und außerdem kommt nach ihm noch die ganze Meute der anderen Spieler, die ebenfalls eine bessere Hand haben können.
Ein Fold wäre deshalb alles andere als schlecht, während ein Call mit der vermutlich schlechteren Hand kaum einen Sinn ergäbe. Doch Dwan findet eine dritte Möglichkeit, die absolut heimtückisch ist. Er raist an zweiter Stelle und repräsentiert damit eine Zwei bzw. ein Full House.
Bis zu Peter Eastgate hat kein Spieler einen Grund, die über $37.000 zu bezahlen, entsprechend schnell werden die Hände gefoldet. Eastgate dagegen hat mit seinen 4♥ 2♦ schwache Trips getroffen und entscheidet sich zu einem Call. Diese Entscheidung ist auf keinen Fall zu tadeln, da Dwan durchaus eine bessere Zwei oder eben das Full House haben könnte.
Barry Greenstein dagegen befindet sich schon jetzt in einer Misere. Sowohl Dwan als auch Eastgate haben enorme Stärke gezeigt, und seine Asse haben damit extrem an Wert verloren. Die Pot Odds sind aber sehr gut, daher callt er und schaut sich die weitere Entwicklung auf dem Turn an.
Der bringt mit der 7♦ eine bedeutungslose Karte. An den Kräfteverhältnissen ändert sie nur etwas, wenn ein Spieler tatsächlich 72 – also die schwächste Starthand überhaupt – hat. Nach Greensteins Check nimmt sich Tom Dwan eine Menge Zeit, um die Situation zu durchdenken.
Barry Greensteins Spielweise schreit förmlich nach Overpair – er raiste in erster Position vor dem Flop, ließ auf dem Flop eine C-Bet folgen und overcallte schließlich Dwans Raise auf dem Flop. Eine solche Hand kann Dwan bei diesen großen Stacks mit heftigem Druck zum Folden bringen.
Doch auch Peter Eastgate ist noch in der Hand, und der dänische Weltmeister von 2008 stellt das größere Problem dar. Er callte vor dem Flop mit monströsen Pot Odds im Small Blind, checkcallte dann auf dem Flop im Sandwich und einen Raise von Dwan und demonstrierte damit enorme Stärke – kurzum, die Zwei steht ihm auf die Stirn geschrieben.
Um den Pot zu gewinnen, muss Dwan also hoffen, dass Eastgate eine schwache Zwei hat, mit der er ihn zum Folden bekommen kann. Mit seiner Bet von $104.200 behauptet er nichts anderes als A2 oder TT zu haben und stellt Eastgate vor die ultimative Frage, ob er mit einer schwachen Zwei wirklich um seinen gesamten Stack spielen will.
Wie gut Dwan die Hand durchschaut, zeigt sich hinterher, als er nach Eli Elezras Einwurf, Greenstein habe die beste Hand gefoldet, entgegnet, dass Eastgate die beste Hand gefoldet habe.
Tatsächlich geht Dwans Konzept auf. Erst foldet Eastgate widerwillig und anschließend kapituliert auch Barry Greenstein unter dem enormen Druck, der ein All-In auf dem River impliziert.
Fazit
Mit einem Bluff, der auf den ersten Blick wie ein schlecht gespieltes Top Pair von einem Amateur aussieht, reißt sich Tom Dwan mit der drittbesten Hand einen sechsstelligen Pot unter den Nagel.
Seine Karten spielen dabei eine sehr untergeordnete Rolle, seine eigene Zehn hilft ihm lediglich, Pocket Zehnen bei einem Gegner mehr oder weniger auszuschließen.
Stattdessen nutzt er eine Situation aus, in der ein Bluff völlig absurd aussieht, und schafft es so, die beiden besseren Hände zum Folden zu bekommen!